Bundessozialgericht
Künstlersozialversicherung – Feststellung der Abgabepflicht durch Künstlersozialkasse – Abgabepflicht eines Luftverkehrsunternehmens – Beauftragung eines
selbstständigen Fachmanns für Kommunikation und Design zwecks Gestaltung der Geschäftsberichte und Mitarbeiterzeitung
Auszüge aus dem Urteil:
Zum Künstler-/Publizistenbegriff und zur geistigen Oberleitung:
[23] aa) Nach
§
2 Satz 1 KSVG ist Künstler iS des KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende
Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Das KSVG nimmt damit eine an der Typologie der Ausübungsform orientierte Einteilung in Kunstgattungen vor, die bis 1999 zur Differenzierung bei der – bis
dahin durch unterschiedliche Abgabesätze geprägten – Abgabeerhebung diente, den Kunstbegriff jedoch nicht materiell definiert. Dieser ist vielmehr aus dem Regelungszweck des KSVG, der
historischen Entwicklung und der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erschließen. Immer ist dem Kunstbegriff iS des KSVG aber eine eigenschöpferische Leistung immanent, für die angesichts des
Zwecks der Künstlersozialversicherung (KSV), nämlich Schutz gerade auch des weniger erfolgreichen Künstlers, ein relativ geringes Niveau ausreicht (vgl BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 13 mwN).
[24] Als Publizist iS des
KSV-Rechts bezeichnet §
2 Satz 2 KSVG wiederum denjenigen, der als Schriftsteller, Journalist oder in
anderer Weise publizistisch tätig ist oder – so die Ergänzung durch das 2. KSVG-ÄndG vom 13. 6. 2001 (
BGBl I 1027) – Publizistik lehrt. Leitbild publizistischer Tätigkeit ist somit das
Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Publizisten iS des KSVG hierauf allerdings nicht beschränkt, wie sich aus der in §
2 Satz 2 KSVG enthaltenen Öffnungsklausel "oder in anderer Weise publizistisch
tätig ist" ergibt. Der Begriff des Publizisten ist daher weit auszulegen (vgl BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 12). Er beschränkt sich nicht auf die "eigenschöpferische Wortgestaltung" oder die
inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sog Massenkommunikationsmitteln (zB Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren), sondern erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer
öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 12).
[25] Dabei ist die
eigenhändige Mitwirkung zwar der Regelfall, ihr – völliges oder partielles – Fehlen schließt aber die Einstufung als künstlerische oder publizistische Tätigkeit dann nicht aus, wenn eine
Person sich zur Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werks verpflichtet und dabei trotz der Mitarbeit von Dritten (Angestellte, freie Mitarbeiter) die Gesamtverantwortung für
das zu erstellende Werk innehat, also jedenfalls die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder
korrigierend Einfluss zu nehmen. Insbesondere im Bereich Publizistik wird auch derjenige als Publizist nach der Verkehrsanschauung, aber auch iS des Presserechts angesehen, der bei der
textlichen und bildlichen Gestaltung eines Druckwerks nur die "geistige Oberleitung" inne hat. Dies ist nämlich die Funktion des Herausgebers, mit der er sich vom Redakteur unterscheidet (vgl
Löffler, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl 2000, 13. Kapitel, RdNr 18 – 35 zu den Begriffen Verleger, Herausgeber, Redakteur, Chefredakteur und verantwortlicher Redakteur). Es wird also
nicht verlangt, dass ein Publizist eigenhändig Texte formuliert oder sich in sonstiger Form sprachlich äußert. Vergleichbares gilt für den künstlerischen Bereich. Nach der Verkehrsanschauung
ist auch derjenige ein Künstler, der nicht selbst "Hand anlegt", sondern die Ausführung seiner Werke auf Mitarbeiter überträgt, deren Tätigkeit aber auf die Einhaltung der Vorgaben überwacht
und ständig bereit ist, korrigierend einzugreifen. Da auch Werbegrafiker und Layouter zu den Künstlern zu rechnen sind, weil es auf die eigenschöpferische Gestaltungshöhe nicht ankommt, ist
auch in diesem Bereich eine Delegation der ausführenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbleibende "geistige Oberleitung" (bzw die "Gesamtverantwortung") die
Qualifizierung als künstlerische Leistung dadurch verliert (vgl zu allem BSG SozR 4—5425 § 25 Nr 1 RdNr 17 ff).
Das vollständige Urteil:
[1] Tatbestand: Die Beteiligten
streiten darüber, ob die Klägerin ein nach § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) zur Abführung der Künstlersozialabgabe (KSA) verpflichtetes Unternehmen betreibt.
[2] Die Klägerin ist eine in
Nürnberg ansässige Netzwerkfluggesellschaft, die als Aktiengesellschaft (AG) mit dem Unternehmensgegenstand "Luftverkehr im In- und Ausland sowie der Betrieb aller damit zusammenhängenden
Geschäfte, insbesondere An- und Verkauf von Fluggeräten" geführt wird. Sie stand seit April 2001 in ständiger Geschäftsbeziehung zu dem von Herrn G. B. (B) in G als Einzelfirma geführten
Unternehmen "m." (Agenturvertrag vom 24. 4. 2001, Beratungsvertrag vom 15. 7. 2002), einer "Agentur für Kommunikation und Design". Der als "public relations & more" betitelte
Unternehmensgegenstand umfasste im Einzelnen "Corporate identity, Corporate publishing, PR-Management, Imageberatung, Redaktions-Service und Medienarbeit". Aus dieser Einzelfirma ist Anfang 2004
die von B geführte "m. GmbH" hervorgegangen. Unternehmensgegenstand ist nach dem Gesellschaftsvertrag vom 18. 12. 2003 "die Entwicklung und Umsetzung von Kommunikations- und Designkonzepten, die
Entwicklung und Umsetzung von Corporate Identity Programmen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Werbe- und Marketingberatung". Mit dieser GmbH ist die Geschäftsverbindung seit 2004
fortgesetzt worden.
[3] Die beklagte
Künstlersozialkasse stellte in einem Erfassungsbescheid die Abgabepflicht der Klägerin nach §
24 KSVG dem Grunde nach fest (Bescheid vom 22. 7. 2003,
Widerspruchsbescheid vom 2. 2. 2004), weil sie regelmäßig künstlerische und publizistische Leistungen von B in Anspruch nehme. Nach dem Beratungsvertrag vom 15. 7. 2002 sowie den
Leistungsabrechnungen erteile die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an das Kommunikationsunternehmen, um mit dessen Leistungen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen
zu betreiben.
[4] Im Klageverfahren hat die
Klägerin geltend gemacht, das beauftragte Unternehmen sei lediglich als Unternehmensberater und Projektmanager tätig geworden und habe nur Koordinations- sowie Organisationsaufgaben wahrgenommen.
Die Mitarbeiterzeitung "w." werde nur für die Angehörigen der AG und deren Tochtergesellschaft, die G. GmbH, und damit für den Eigengebrauch erstellt. Weder der Geschäftsbericht noch die
Mitarbeiterzeitung seien als "Werbemaßnahmen" oder "Öffentlichkeitsarbeit" anzusehen; es würden daher keine künstlerischen oder publizistischen Leistungen iS des KSVG erbracht.
[5] Das Sozialgericht (SG) ist der
Argumentation der Klägerin gefolgt und hat den Erfassungsbescheid der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 17. 5. 2006).
[6] Nachdem im Berufungsverfahren
durch Vorlage des Handelsregisterauszuges des AG Kleve (HRB 4877) belegt worden war, dass das Kommunikationsunternehmen von B seit dem 27. 1. 2004 als GmbH im Handelsregister eingetragen ist, hat
die Beklagte mit Änderungs- und Abhilfebescheid vom 11. 5. 2007 die Beendigung der Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG zum 31. 12. 2003 festgestellt und die bereits ergangenen
Abgabebescheide vom 17. 2. 2005 (für 2004), 13. 4. 2006 (für 2005) und 12. 4. 2007 (für 2006) aufgehoben. Der Abgabebescheid vom 19. 2. 2004 (für 2001 bis 2003) befindet sich im
Widerspruchsverfahren, das bis zum Abschluss dieses Rechtsstreits ruht.
[7] Das Landessozialgericht (LSG)
hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 4. 12. 2007). Es hat zwar eine Abgabepflicht der Klägerin gemäß §
24 Abs 1 Satz 2 KSVG dem Grunde nach bejaht, weil mit den
Geschäftsberichten und der Mitarbeiterzeitung "w." (auch) Öffentlichkeitsarbeit betrieben werde, gleichwohl aber den – nunmehr auf die Jahre 2001 bis 2003 beschränkten – Erfassungsbescheid
aufgehoben, weil es seit dem 1. 7. 2001 an einer Rechtsgrundlage für den Erlass gesonderter Erfassungsbescheide fehle. Nach §
27 Abs 1a Satz 1 KSVG in der ab 1. 7. 2001 geltenden Fassung
habe die Beklagte dem Abgabepflichtigen die Höhe der von ihm zu zahlenden KSA mitzuteilen. Es dürfe daher nur noch ein einheitlicher Abgabebescheid erlassen werden. Eine Aufteilung in getrennte
Grund- und Höhenbescheide sehe das Gesetz nicht mehr vor.
[8] Mit der Revision rügt die
Beklagte die Verletzung des §
24 KSVG und des §
27 Abs
1a Satz 1 KSVG. Sie hält den Erlass gesonderter Erfassungsbescheide für nach wie vor zulässig. Das LSG habe der Neuregelung des §
27 Abs 1a Satz 1 KSVG eine zu weitreichende
Bedeutung beigemessen.
[9] Die Beklagte beantragt, die
Urteile des Bayerischen LSG vom 4. 12. 2007 und des SG Nürnberg vom 17. 5. 2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.
[10] Die Klägerin bestreitet
unverändert ihre Abgabepflicht, hält das Urteil des LSG aber ansonsten für zutreffend und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[11] Entscheidungsgründe: Die
Revision der Beklagten ist begründet. Der Erfassungsbescheid vom 22. 7. 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. 2. 2004 ist formell und materiell rechtmäßig. Die gegen ihn
gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin war deshalb abzuweisen.
[12] 1. Streitgegenstand ist
allein der Erfassungsbescheid vom 22. 7. 2003. Er betrifft die Feststellung der Pflicht der Klägerin zur Abführung der KSA dem Grunde nach, und zwar für die Zeit von April 2001, dem Beginn der
Zusammenarbeit der Klägerin mit B bzw dessen Firma m., bis zum 31. 12. 2003. Ursprünglich reichte der Erfassungsbescheid über diesen Zeitpunkt hinaus und galt zeitlich unbeschränkt auch für die
Zukunft. Durch den Änderungsbescheid vom 11. 5. 2007 hat die Beklagte die Feststellung der Abgabepflicht der Klägerin aber nachträglich auf die Zeit bis zum 31. 12. 2003 beschränkt, nachdem sie
sich davon überzeugt hatte, dass B sein Unternehmen ab Anfang 2004 als GmbH führt und die Klägerin sonstigen selbstständigen Künstlern oder Publizisten keine Aufträge erteilt.
[13] Nicht Streitgegenstand ist
hingegen der Bescheid der Beklagten vom 19. 2. 2004 zur Höhe der KSA-Schuld der Klägerin für die Jahre 2001 bis 2003. Über den Widerspruch gegen diesen Bescheid hat die Beklagte noch nicht
entschieden. Das Widerspruchsverfahren ruht bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits.
[14] 2. Rechtsgrundlage für die
Einbeziehung eines Unternehmers in den Kreis der abgabepflichtigen Verwerter künstlerischer und publizistischer Werke oder Leistungen – und damit auch für die Abgabepflichtigkeit der Klägerin –
ist §
24 KSVG. Dabei sind hier zwei Zeiträume zu unterscheiden, weil diese Vorschrift in ihrem hier relevanten Teil zum 1. 7. 2001 geändert worden ist. Für die Zeit von April 2001 bis
zum 30. 6. 2001 ist §
24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 KSVG in der Fassung des Art 1 Nr 5 des Gesetzes
vom 20. 12. 1988 (
BGBl I 2606) maßgebend (aF). Für die Zeit vom 1. 7. 2001 bis zum 31. 12.
2003 ist dagegen §
24 Abs 1 Satz 2 KSVG in der Fassung des Art 1 Nr 16 des 2.
KSVG-Änderungsgesetzes vom 13. 6. 2001 (
BGBl I 1027) einschlägig (nF). Andere Tatbestände des §
24 KSVG kommen ersichtlich nicht in Betracht. Insbesondere wird ein Luftverkehrsunternehmen durch die Herausgabe von Geschäftsberichten und einer Mitarbeiterzeitung nicht zu einem
"Verlag" iS des §
24 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KSVG. Die Verbreitung von Druckerzeugnissen zu
Werbezwecken und zur Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen fällt nicht unter den Begriff "sonstige Verlage" (so bereits Urteil des Senats vom 4. 3. 2004 –
B 3 KR 17/03 R, SozR 4—5425 § 24 Nr 6 RdNr 22).
[15] Nach §
24 Abs
1 Satz 2 Nr 1 KSVG aF sind zur KSA Unternehmer verpflichtet, die "für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Satz 1 Nr 7
genannten Unternehmen entspricht und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen". Der damit in Bezug genommene §
24 Abs
1 Satz 1 Nr 7 KSVG aF regelt die Abgabepflicht von Unternehmern, die "Werbung (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) für Dritte" betreiben. Durch die Bezugnahme ist zugleich klargestellt, dass
der Begriff "Werbung" in §
24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 KSVG aF nicht nur die herkömmliche Werbung,
also die Reklame, sondern – bis zum 30. 6. 2001 – stets auch die "Öffentlichkeitsarbeit" umfasste. Die Voraussetzungen dieses Abgabentatbestandes sind hier erfüllt.
[16] Nach §
24 Abs
1 Satz 2 KSVG nF sind zur KSA Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an
selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Mit Wirkung ab 1. 7. 2001 ist also das Erfordernis entfallen, dass die Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit eines der in Satz 1 Nr 7
genannten Unternehmen entsprechen muss. Zugleich hat der Gesetzgeber den Begriff der "Werbung" enger gefasst und ihn nunmehr auf die werbende Tätigkeit iS der Reklame beschränkt. Dies ergibt sich
aus der gleichberechtigten Nennung von "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit", die sich ab 1. 7. 2001 auch im Tatbestand des §
24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG nF wiederfindet. Inhaltlich hat sich
insofern aber keine Änderung ergeben, weil zur Erfüllung des Tatbestandes von Anfang an Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gleichgestellt waren und daher nicht genau abgegrenzt werden muss, ob
eine Maßnahme ihrer Natur und ihrem Zweck nach eher der Werbung (Reklame) oder eher der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnen ist. Auch die Voraussetzungen des §
24 Abs
1 Satz 2 KSVG nF sind hier erfüllt.
[17] a) Die Klägerin betreibt
mit ihren Geschäftsberichten und den – bis Mitte 2004 vierteljährlich und seitdem monatlich erscheinenden – Ausgaben der Mitarbeiterzeitung "w." (zumindest auch) Öffentlichkeitsarbeit.
[18] aa) Nach den insoweit nicht
mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den erkennenden Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG gehen die Geschäftsberichte deutlich
über die der Publizität und Transparenz dienenden Anforderungen des Aktiengesetzes (AktG) hinaus (vgl §
286 AktG) und sind zur Erfüllung anderer Zwecke gestaltet. Nach dem
Internetauftritt der Klägerin sind ihre Geschäftsberichte seit dem Jahre 2000 online unter www. e … de der Öffentlichkeit weltweit jederzeit zugänglich. Diese Homepage und die dort abrufbaren
Geschäftsberichte sind entsprechend den Zwecken und Anforderungen des Internets als optisch ansprechendes Medium professionell gestaltet. Die Berichte sind nach den Feststellungen des LSG gemäß
den Regeln der Werbekunst, der Werbepsychologie, der Werbetypografik und nach dem Design perfekt komponiert und genügen internationalen Standards. So ist zB der Geschäftsbericht 2002 nicht in
berichtstypischem schmucklosem Schwarz-Weiß-Text gehalten, sondern der Druck changiert zwischen Weiß auf Farbe, Schwarz auf Farbe sowie den der corporate identity der Klägerin zugeordneten
Farben, angereichert mit vielen Farbfotos von Flugzeugen und Flugzeugteilen. Er enthält eine Titelseite, die ein schräg nach rechts oben (dh der Richtung einer steil nach oben sich entwickelnden
Aktienkursgrafik) gerichtetes Triebwerk (mit im Zentrum als Blickfang vorhandener "Schnecke") darstellt, und eine ganzseitige Abbildung eines vierstrahligen Düsenjets, der über den Wolken
schwebt.
[19] Diese Feststellungen tragen
die Schlussfolgerung des LSG, dass die online weltweit verfügbaren Geschäftsberichte dem vitalen Interesse der Klägerin dienten, durch ansprechende Öffentlichkeitspräsenz publizistisch fachgemäß
ausgestaltete public relations zu betreiben und damit Außenwirkung zu erzielen, weil sie andernfalls ihren Platz im internationalen Wettbewerb der Fluggesellschaften um Massenkundschaft nicht
verteidigen könne.
[20] bb) Nach den nicht mit
Verfahrensrügen angegriffenen und daher auch insoweit bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG dient die Mitarbeiterzeitung "w."
ebenfalls – auch – der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin. Ihr Zweck besteht nach diesen Feststellungen nicht nur in der internen Vermittlung von Informationen. Mit der vielfach bebilderten,
leicht lesbaren Aufmachung der Zeitung findet der Konzern eine Plattform, einen humanen Umgang mit den Mitarbeitern und deren Einbindung die Geschäftsphilosophie zu präsentieren. Auf diesem Wege
wird die Einbindung der Mitarbeiter in die corporate identity gezeigt und durch den Abdruck von selbstgefertigten Fotografien verstärkt. Dieser Prozess wird nicht nur intern kommuniziert, sondern
einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht. Die Mitarbeiterzeitung dient zwar – anders als das Bordmagazin – nicht in erster Linie der Werbung bei der Kundschaft; ein Publizitätseffekt
tritt aber durch die Zirkulation bei den Mitarbeitern sowie deren Familien, Freunden und Bekannten ein. Die Druckauflage in Höhe von 1900 Exemplaren je Ausgabe übersteigt die Anzahl der im
Geschäftsbericht 2002 genannten Mitarbeiter von 1754. Die Mitarbeiterzeitung darf von den Beschäftigten – auch doppelt – mit nach Hause genommen und weitergereicht werden. Der Verwendungszweck
ist daher nicht nur auf das Unternehmen intern begrenzt, sondern zielt auf eine unbestimmte Anzahl außerhalb stehender Personen, denen die Zeitung ohne größere Hindernisse zugänglich ist.
[21] Da der Begriff der
"Öffentlichkeit" einer Information sehr weit zu fassen ist und schon die Bestimmung und konkrete Möglichkeit zur Verbreitung bei einer nicht von vornherein feststehenden, unbestimmten Mehrzahl
von Menschen ausreicht (BSG SozR 4—5425 § 2 Nr 7 RdNr 13 zur Einstufung von Trauerrednern als Publizisten iS des §
2 KSVG), ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die
Mitarbeiterzeitung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin eingestuft und die redaktionelle Mitarbeit als publizistische Tätigkeit angesehen hat.
[22] b) B hat durch seine
Mitwirkung an den Geschäftsberichten und den Ausgaben der Mitarbeiterzeitung selbstständige Tätigkeiten iS des §
2 KSVG ausgeführt, wobei offen bleiben kann, ob der Schwerpunkt
künstlerischer oder – wofür mehr sprechen dürfte – publizistischer Natur war.
[23] aa) Nach §
2 Satz
1 KSVG ist Künstler iS des KSVG, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Das KSVG nimmt damit eine an der Typologie der Ausübungsform orientierte Einteilung in
Kunstgattungen vor, die bis 1999 zur Differenzierung bei der – bis dahin durch unterschiedliche Abgabesätze geprägten – Abgabeerhebung diente, den Kunstbegriff jedoch nicht materiell definiert.
Dieser ist vielmehr aus dem Regelungszweck des KSVG, der historischen Entwicklung und der allgemeinen Verkehrsauffassung zu erschließen. Immer ist dem Kunstbegriff iS des KSVG aber eine
eigenschöpferische Leistung immanent, für die angesichts des Zwecks der Künstlersozialversicherung (KSV), nämlich Schutz gerade auch des weniger erfolgreichen Künstlers, ein relativ geringes
Niveau ausreicht (vgl BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 13 mwN).
[24] Als Publizist iS des
KSV-Rechts bezeichnet §
2 Satz 2 KSVG wiederum denjenigen, der als Schriftsteller,
Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder – so die Ergänzung durch das 2. KSVG-ÄndG vom 13. 6. 2001 (
BGBl I 1027) – Publizistik lehrt. Leitbild publizistischer Tätigkeit ist
somit das Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Publizisten iS des KSVG hierauf allerdings nicht beschränkt, wie sich aus der in §
2 Satz
2 KSVG enthaltenen Öffnungsklausel "oder in anderer Weise publizistisch tätig ist" ergibt. Der Begriff des Publizisten ist daher weit auszulegen (vgl BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 12). Er beschränkt
sich nicht auf die "eigenschöpferische Wortgestaltung" oder die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sog Massenkommunikationsmitteln (zB Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren),
sondern erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3—5425 § 2 Nr 12).
[25] Dabei ist die eigenhändige
Mitwirkung zwar der Regelfall, ihr – völliges oder partielles – Fehlen schließt aber die Einstufung als künstlerische oder publizistische Tätigkeit dann nicht aus, wenn eine Person sich zur
Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werks verpflichtet und dabei trotz der Mitarbeit von Dritten (Angestellte, freie Mitarbeiter) die Gesamtverantwortung für das zu erstellende
Werk innehat, also jedenfalls die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss
zu nehmen. Insbesondere im Bereich Publizistik wird auch derjenige als Publizist nach der Verkehrsanschauung, aber auch iS des Presserechts angesehen, der bei der textlichen und bildlichen
Gestaltung eines Druckwerks nur die "geistige Oberleitung" inne hat. Dies ist nämlich die Funktion des Herausgebers, mit der er sich vom Redakteur unterscheidet (vgl Löffler, Handbuch des
Presserechts, 4. Aufl 2000, 13. Kapitel, RdNr 18 – 35 zu den Begriffen Verleger, Herausgeber, Redakteur, Chefredakteur und verantwortlicher Redakteur). Es wird also nicht verlangt, dass ein
Publizist eigenhändig Texte formuliert oder sich in sonstiger Form sprachlich äußert. Vergleichbares gilt für den künstlerischen Bereich. Nach der Verkehrsanschauung ist auch derjenige ein
Künstler, der nicht selbst "Hand anlegt", sondern die Ausführung seiner Werke auf Mitarbeiter überträgt, deren Tätigkeit aber auf die Einhaltung der Vorgaben überwacht und ständig bereit ist,
korrigierend einzugreifen. Da auch Werbegrafiker und Layouter zu den Künstlern zu rechnen sind, weil es auf die eigenschöpferische Gestaltungshöhe nicht ankommt, ist auch in diesem Bereich eine
Delegation der ausführenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbleibende "geistige Oberleitung" (bzw die "Gesamtverantwortung") die Qualifizierung als künstlerische Leistung
dadurch verliert (vgl zu allem BSG SozR 4—5425 § 25 Nr 1 RdNr 17 ff).
[26] bb) Nach diesen Maßstäben
hat B mit seinem Unternehmen für die Klägerin eine gemischte künstlerisch-publizistische Leistung erbracht. Es ging nicht nur, wie die Klägerin geltend macht, um eine reine Projektsteuerung und
Koordination.
[27] (1) Hinsichtlich der
Geschäftsberichte ergibt sich dies, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, aus Ziff 2. 1 des Beratungsvertrags vom 15. 7. 2002 sowie aus zahlreichen Rechnungen der Jahre 2001 bis 2003.
Erwähnt sind dort zB: Projekt-Management, Text und Redaktion, aufwendige Bildbearbeitungen, ein Briefing für Wettbewerbspräsentation, ein Konzeptionshonorar für corporate identity und
Unternehmensphilosophie, eine Agenturbesprechung zu Layout und Bildauswahl, sowie Konzept und Gestaltungsidee für den Geschäftsbericht 2001. Dies entspricht auch dem Geschäftszweck und
Marktangebot der Firma m., die Gestaltung und Redaktion von Internet-Auftritten sowie Imagebroschüren zu übernehmen und dabei die enge Verbindung von Design und Kommunikation als besondere Stärke
hervorzuheben.
[28] (2) Nach den Feststellungen
des LSG ist dem Impressum der Mitarbeiterzeitung "w." aus der Zeit bis Ende 2003 sowie aus Ziff 2. 2 des Beratungsvertrages vom 15. 7. 2002 zu entnehmen, dass diese von der Firma m. konzipiert,
redigiert und gestaltet worden ist. Gleiches ergibt sich aus den Rechnungen aus dieser Zeit, in denen zB Redaktion, Mediendesign und Produktion der Mitarbeiterzeitung sowie die Neuentwicklung der
Titelseite für "w. Magazin Nr. 5" abgerechnet worden sind. Auch die m. GmbH ist in den Ausgaben der Mitarbeiterzeitung ab 2004 im Impressum als für "Konzept und Gestaltung" verantwortlich
bezeichnet. Ob alle Arbeiten von B persönlich ausgeführt worden sind oder er – ganz oder teilweise – nur die "geistige Oberleitung" bzw die "Gesamtverantwortung" innehatte, kann dabei – wie
bereits ausgeführt – offen bleiben.
[29] c) Die Klägerin stand mit B
bzw dessen Unternehmen ab April 2001 in ständiger Geschäftsbeziehung. Dies erfüllt den Tatbestand der "nicht nur gelegentlichen" Auftragserteilung an selbstständige Künstler oder Publizisten (vgl
Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 24 RdNr 189 ff).
[30] Es war auch erforderlich,
die nicht nur gelegentliche Auftragserteilung an selbstständige Künstler oder Publizisten iS des §
24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 KSVG aF bzw §
24 Abs
1 Satz 2 KSVG nF bereits bei der Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach und nicht erst bei der Bemessung der jährlichen Abgabeschuld nach §
25 KSVG zu prüfen (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 12. 11. 2003 –
B 3 KR 8/03 R, SozR 4—5425 § 24 Nr 2 RdNr 9 ff). Nur die im Katalog des
§
24 Abs 1 Satz 1 KSVG aufgeführten Unternehmen gelten kraft Gesetzes als "professionelle" Kunstvermarkter (
BSGE 80, 141, 143 = SozR 3—5425 § 24 Nr 16; BSG SozR 3—5425 § 24 Nr 17).
[31] d) Auch das für die Zeit
bis zum 30. 6. 2001 zusätzlich erforderliche Tatbestandsmerkmal einer Eigenwerbung des Unternehmens, die nach Art und Umfang der Tätigkeit der in §
24 Abs
1 Satz 1 Nr 7 KSVG aF genannten Unternehmen entspricht, ist erfüllt. An den vergleichbaren Umfang der Tätigkeit sind nur geringe Anforderungen zu stellen, weil der Abgabepflicht nach
§
24 Abs 1 Satz 1 Nr 7 KSVG aF zB auch ein Werbeberater unterliegt, der als Einzelunternehmer firmiert und nur in geringem Umfang Aufträge an freie Mitarbeiter vergibt. Der
vergleichbare Umfang ist daher schon dann gegeben, wenn ein Eigenwerbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreibendes Unternehmen mit gewisser Regelmäßigkeit Aufträge dieser Art erteilt (vgl
Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 2. Aufl 1992, § 24 RdNr 122). Das war hier der Fall.
[32] 3. Die Beklagte war –
entgegen der Rechtsauffassung des LSG – auch berechtigt, die Abgabepflicht der Klägerin ab April 2001 in einem gesonderten Erfassungsbescheid festzustellen. Die Änderung des §
27 Abs
1a Satz 1 KSVG ab 1. 7. 2001 hat insoweit die Rechtslage nicht beeinflusst.
[33] a) Die Berechtigung der
Beklagten, gesonderte Erfassungsbescheide (zT auch Grundlagenbescheid genannt) zu erlassen, folgt nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats unmittelbar aus §
24 KSVG (vgl
BSGE 64, 221 = SozR 5425 § 24 Nr 2;
BSGE 69, 259 = SozR 3—5425 § 24 Nr 1; BSG SozR 3—5425 § 24 Nr 11 und
15; BSG SozR 4—5425 § 24 Nr 6). Zuletzt hat der Senat dazu im Jahre 2004 Stellung genommen und ausgeführt: "Das Verfahren zur Feststellung und Erhebung der KSA ist im KSVG zweiphasig
ausgestaltet. Das Gesetz unterscheidet – ähnlich wie im Abgabenrecht – zwischen KSA-Pflicht und KSA-Schuld in der Weise, dass es zunächst den Kreis der dem Grunde nach abgabepflichtigen
Unternehmer umschreibt (§
24 KSVG) und danach festlegt, von welchen Entgelten und in welcher
Höhe die Abgabe konkret zu entrichten ist (§
25 und
26 KSVG). Bei den nach §
24 KSVG abgabepflichtigen Unternehmern geht der Gesetzgeber davon aus, dass sie typischerweise und entsprechend dem Zweck ihres Unternehmens künstlerische und publizistische
Leistungen verwerten; ihre KSA-Pflicht wird von der Künstlersozialkasse in der Regel durch einen so genannten Erfassungsbescheid festgestellt. Durch diese vorgeschaltete Entscheidung dem Grunde
nach soll Klarheit geschaffen werden, ob Unternehmen der Abgabepflicht unterliegen, deshalb Aufzeichnungen zu führen und Entgelte der Künstlersozialkasse zu melden sind; zugleich gewinnt die
Künstlersozialkasse eine zuverlässige Übersicht über den Kreis der grundsätzlich abgabepflichtigen Unternehmen. Erst in einem zweiten Schritt folgt sodann die konkrete Bemessung der KSA, wenn es
um die – hier nicht streitbefangene – Frage geht, ob und in welchem Umfang abgabepflichtige Entgelte an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlt worden sind. Die Summe der sich danach
ergebenden Beträge hat ein zur KSA verpflichteter Unternehmer gemäß §
27 Abs 1 KSVG nach Ablauf eines Kalenderjahres, spätestens bis zum
31. 3. des Folgejahres, an die Künstlersozialkasse zu entrichten. Falls im Abrechnungszeitraum keine Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen erbracht wurden, ist eine
sog 'Nullmeldung' abzugeben" (vgl BSG, Urteil vom 4. 3. 2004 –
B 3 KR 17/03 R – SozR 4—5425 § 24 Nr 6).
[34] b) Die Neufassung des
§
27 Abs 1a KSVG zum 1. 7. 2001 gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung zu ändern. Die Anordnung des Gesetzgebers, die Künstlersozialkasse habe dem zur Abgabe Verpflichteten den
von ihm zu zahlenden Betrag schriftlich mitzuteilen (Satz 1), und zwar, wie sich aus Satz 2 ergibt, durch einen "Abgabebescheid", hat lediglich die schon seit Inkrafttreten des KSVG übliche
Praxis der Beklagten bestätigt. Es handelt sich um eine rein redaktionelle Klarstellung des Gesetzgebers, dass die Festsetzung der Höhe der Schuld durch einen Verwaltungsakt (§
31 SGB X) zu erfolgen hat und die in der Meldung der Entgelte
enthaltene "Selbsteinschätzung" des Abgabepflichtigen allein nicht ausreicht, die Höhe der Schuld verbindlich festzustellen. Den Gesetzesmaterialien (vgl
BT-Drucks 14/5066, S 14 zu Nr 18b) ist kein Hinweis zu
entnehmen, dass der Gesetzgeber an der ihm bekannten, vom BSG vielfach als rechtmäßig bestätigten Praxis der Beklagten, insbesondere in Zweifelsfällen (dh bei Bestreiten der Abgabepflicht durch
ein Unternehmen) vorab einen Erfassungsbescheid zu erlassen, etwas ändern wollte. Auch in der Literatur findet sich dazu keine Gegenstimme (vgl etwa Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl
2009, § 27 RdNr 4): §
27 Abs 1a Satz 1 KSVG vollzieht also nur die Praxis der
Künstlersozialkasse nach, die statt der Selbstberechnung der KSA durch die Abgabepflichtigen bereits seit Jahren Vorauszahlungsmitteilungen und Abrechnungen an diese versendet.
[35] c) Inwieweit
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte es im Einzelfall angezeigt erscheinen lassen, von dem Erlass eines gesonderten Erfassungsbescheides abzusehen, ist dem Ermessen der Beklagten überlassen.
Insbesondere in Fällen offensichtlicher Einbeziehung eines Unternehmens in den Katalog des §
24 Abs 1 Satz 1 KSVG (zB bei Verlagen, Theatern, Kunstgalerien) mag
es entbehrlich sein, die Abgabepflicht dem Grunde nach gesondert und vorab festzustellen. Die Künstlersozialkasse hat das Recht, aber nicht die Pflicht, vorab über die Abgabepflicht dem Grunde
nach (§
24 KSVG) zu entscheiden und einen gesonderten Erfassungsbescheid zu erlassen. Ebenso ist sie berechtigt, die Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach und die Entscheidung
über die Höhe der KSA-Schuld für einen bestimmten Zeitraum in einem kombinierten Bescheid mit zwei entsprechenden Verfügungssätzen miteinander zu verbinden. Wenig zweckmäßig, wenn auch nicht
rechtswidrig, ist hingegen die in Einzelfällen zu beobachtende Handhabung, auf die gesonderte Feststellung der Abgabepflicht dem Grunde nach – aus welchen Gründen auch immer – zu verzichten, also
weder einen Erfassungsbescheid zu erlassen noch in einem Abgabebescheid einen diesbezüglichen selbstständigen Verfügungssatz zu formulieren, und stattdessen nur einen Bescheid über die KSA-Schuld
für einen bestimmten Zeitraum zu erlassen. Bei einem Streit über die Rechtmäßigkeit eines solchen Bescheids müsste das Gericht sowohl die Abgabepflicht des Unternehmens dem Grunde nach als auch
die richtige Berechnung der KSA-Schuld überprüfen, ohne dass es möglich ist, die Abgabepflicht dem Grunde nach auch für die Zukunft rechtskräftig festzustellen. Bei einer solchen Handhabung hat
ein Unternehmer mangels verbindlicher Feststellung der dauerhaften, zukunftsbezogenen Abgabepflicht dem Grunde nach auch in den Folgejahren jeweils die Möglichkeit, sich gegen die Einbeziehung in
den Kreis der abgabepflichtigen Verwerter (§
24 KSVG) zu wenden. Eine solche, die ständige Wiederholung des
Streits über Erfüllung der Voraussetzungen des §
24 KSVG ermöglichende Handhabung sollte vermieden werden.
[36] d) Auch die sonstigen
Einwände des LSG und der Klägerin gegen die Zulässigkeit gesonderter Erfassungsbescheide greifen nicht durch. Zu Unrecht vermisst das LSG eine Rechtsgrundlage für den Erlass gesonderter
Erfassungsbescheide. Rechtsgrundlage ist – wie erwähnt – §
24 KSVG. Die Rechtslage gleicht insofern jener im Steuerrecht, in
der ebenfalls die (gesonderte) Feststellung der Steuerpflicht einer bestimmten Person für konkrete Abgabentatbestände vorgesehen ist (vgl §§
33 und
43 Abgabenordnung). Dem Hinweis auf die grundsätzliche
Rechtswidrigkeit der "Elementenfeststellung" in den vom SGB geregelten Rechtsgebieten braucht nicht nachgegangen zu werden. Er ist schon deshalb verfehlt, weil das KSVG nicht Bestandteil des SGB
ist. Die Ansicht, die Trennung in "Grund- und Höhenbescheid" widerspreche dem Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes (Art
19 Abs 4 GG) und berge die Gefahr eines "überlangen" gerichtlichen
Verfahrens (Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechts-Konvention), ist nicht nachzuvollziehen, weil die Frage, ob ein Unternehmer überhaupt der Abgabepflicht nach §
24 KSVG unterliegt, bei abgaberechtlichen Rechtsstreitigkeiten nach dem KSVG in der Regel im Vordergrund steht und nur selten auch die Höhe der KSA-Schuld selbst streitig ist.
Zudem werden Streitigkeiten vermieden, wenn die Abgabepflicht dem Grunde nach bei unverändertem Unternehmensgegenstand auch für die Zukunft feststeht und so die Pflicht zur Abgabe von Meldungen
(§
27 KSVG), zur Führung fortlaufender Aufzeichnungen (§
28 KSVG) und zur Erteilung von Auskünften (§
29 KSVG) vorab geklärt wird.
[37] e) Der Zweck eines
Erfassungsbescheides, vorab Klarheit über die Pflicht eines Unternehmers zur Abführung der KSA in der Zukunft zu schaffen, steht dessen Erlass allerdings entgegen, wenn eine solche
zukunftsgerichtete Feststellungswirkung schon im Zeitpunkt der Entscheidung der Künstlersozialkasse ausgeschlossen ist. Eine allein in die Vergangenheit gerichtete Feststellung widerspricht
diesem Zweck eines Erfassungsbescheides und macht ihn daher unzulässig. Ein solcher Fall lag hier indes nicht vor. Bei Erlass des Erfassungsbescheides am 22. 7. 2003 war noch B Vertragspartner
der Klägerin. Die Gründung der GmbH erfolgte erst am 18. 12. 2003 mit Wirkung zum 1. 1. 2004. Selbst im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides war der Beklagten diese Änderung der
Verhältnisse noch nicht bekannt.
[38] 4. Die Kostenentscheidung
beruht auf §
197a SGG iVm §
154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
[39] 5. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Revisionsverfahren auf 13.193,51 Euro folgt aus §
63 Abs 2,
§
52 Abs 1 und §
47 Abs
1 Gerichtskostengesetz. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei einem Streit über die Pflicht zur Abführung der KSA dem Grunde nach der dreifache Jahresbetrag der – voraussichtlichen oder
zwischenzeitlich bereits konkret festgesetzten – KSA-Schuld maßgebend ist (Beschluss vom 30. 5. 2006 –
B 3 KR 7/06 B, SozR 4—1920 § 52 Nr 5). Ein Abzug wegen eines
möglicherweise noch anschließenden Streits über die Höhe der KSA-Schuld ist dabei nicht vorzunehmen. Geht es hingegen – wie hier – nur um einen Zeitraum von weniger als drei Jahren, ist die für
diese Zeit voraussichtlich anfallende oder bereits festgesetzte KSA-Schuld maßgebend (BSG SozR 3—1930 § 8 Nr 4; BSG SozR 4—1920 § 52 Nr 5). Für die Zeit von April 2001 bis Ende 2003 verlangt die
Beklagte von der Klägerin eine KSA in Höhe von 13.193,51 Euro. Dieser Betrag ist daher für den Streitwert des Revisionsverfahrens maßgebend.